Teamchefs und Fahrer über die angesagten Klassen der Nürburgring Langstrecken-Serie 2020

Vor jeder Motorsport-Saison auf der legendären Nordschleife wird spekuliert. Wer hat die meisten Chancen auf Titel, Trophäen und Triumphe? In welcher Klasse geht dieses Mal bei der Nürburgring Langstrecken-Serie besonders die Post ab? VLN.de hat mit Teammanagern und Fahrern einen Blick in die Kristallkugel geworfen. Die Experten sind sich einig. In der VT2, der Cup5, der V4 und der H2 dürfte 2020 Goldgräberstimmung herrschen. In diesen Klassen sind die Aussichten rosig.

Matthias Unger, Teamchef von Pixum Adrenalin Motorsport, ist mit seinen Autos definitiv dort am Start, wo die Musik spielt. Er setzt vier Autos in der Cup5, zwei in der VT2 und zwei in der V4 ein. „Ich glaube, dass eine dieser drei Klassen den Meister stellen wird. Die Karten werden wieder neu gemischt. Wir kommen, um zu gewinnen. Manchmal sind die Träume aber auch schnell ausgeträumt.“

2019 hatte Adrenalin ordentlich abgeräumt in der größten Motorsportmeisterschaft der Welt. Die neuen Meister Yannick Fübrich und David Griessner fuhren beim Saisonfinale im BMW M240i Racing Cup ihren siebten Klassensieg ein und verwiesen ihre Teamkollegen und Vorjahressieger Philipp Leisen, Danny Brink und Christopher Rink auf Platz zwei. Norbert Fischer, Oskar Sandberg und Daniel Zils, die im Porsche Cayman sieben Siege in der Klasse V5 feierten und Gesamtvierte wurden, rundeten das tolle Gesamtbild des Teams ab.

„Ich denke, dass die V4 nach wie vor die Nummer eins sein wird. Jeder sagt, dass die VT2 explodieren wird. Ob das wirklich so sein wird, muss man abwarten. Für die Autos der Cup5 habe ich weiter eine große Nachfrage. Hier rechne ich für 2020 konstant mit 14 bis 16 Autos. Dann hast du dort immer noch große Chancen den Meister zu stellen, so lange es in einer anderen, größeren Klasse keinen Seriensieger gibt“, so der Teamchef.

Unger bricht eine Lanze für die in den letzten Jahren in der Grünen Hölle sehr beliebte Cup5-Klasse: „2021 gibt es den M2-Cup. Die Frage, die sich stellt, was macht die VLN mit der Cup-5-Klasse? Wenn sie schlau ist, lässt sie diese Klasse ganz normal weiter laufen ohne BMW-Unterstützung. Alles andere wäre Wahnsinn. Diese Autos passen in keine andere Klasse. Sie sind gut, zuverlässig und meiner Meinung nach vom Preis-Leistungsverhältnis her unschlagbar. Der neue M2 ist aus Kostengründen keine Alternative zum 240er BMW. Die Preise für die Fahrerplätze werden um einiges höher sein. Das ist einfach eine andere Liga.“

Die Treue zum Renault Clio soll sich auszahlen in der H2

Beileibe kein unbeschriebenes Blatt in der VLN ist Gerrit Holthaus. Der Lüdenscheider kann insgesamt bereits 17 Klassensiege in der Grünen Hölle vorweisen. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen blieb der 36-Jährige dabei immer dem Renault Clio treu. „Ich liebe das Auto. Ich fahre da jetzt seit 2013 drauf, seit 2014 gehört er mir. Ich wurde immer mal gefragt, wann steigst du denn jetzt auf in der Klasse? Und ich habe immer geantwortet, ich möchte das gar nicht. Von den Kosten her ist der Renault einigermaßen vertretbar und es macht mir extrem viel Spaß.“

Vor zwei Jahren ist Holthaus mit seinen Teamkollegen Michael Bohrer und Stephan Epp von den Specials 3 in die Klasse H2 gewechselt. Eine weise Entscheidung. „Für uns war das die einzig logische Schlussfolgerung. Zum einen war damals das Nenngeld in der H2 günstiger, das hat sich jetzt egalisiert. Zum anderen gibt das mein Auto mittlerweile auch her. Die H2 ist interessanter als die SP3, weil sie voller und vielfältiger ist. Mir gefällt es, dass dort so viele unterschiedliche Fahrzeuge vertreten sind“, sagt Holthaus, der trotz der fünf Klassensiege in diesem Zeitraum auf „zwei sehr enttäuschende Jahre“ zurück blickt. „Mit drei Fahrern vertreten zu sein, war ein Nachteil. Nach dem alten Reglement waren wir mehr oder weniger chancenlos. Wir sind zweimal Zweiter mit elf und sieben Sekunden Rückstand geworden, mit jeweils einem Boxenstopp mehr. Das ändert sich jetzt, das kommt uns sehr gelegen.“

Die einzelnen Klassen bekommen pro Rennen eine Gesamt-Standzeit in der Box welche sich die Teams je nach Taktik und Fahrerbesetzung über die Renndistanz aufteilen können. „Das macht es auch für Quereinsteiger aus der RCN attraktiv. Du hast jetzt plötzlich die Möglichkeit, in der H2 mit drei Fahrern kostengünstig an den Start zu gehen und du bist trotzdem konkurrenzfähig“, so Holthaus. „Ganz klar: Ich habe immer darauf geachtet, dass ich in einer Klasse fahre, in der ein großes Starterfeld ist, damit ich in der Gesamtwertung möglichst weit nach vorne kommen kann.“

Manheller Racing kennt sich schon aus in der VT2

Ebenfalls vor zwei Jahren unternahm Manheller Racing die ersten zarten Fahrversuche in der VT2. 2019 drehte das Team aus Meuspath in der Klasse der seriennahen Fahrzeuge bis 2.000 ccm mit Turbolader dann ordentlich durch. Auf dem BMW 328i mit der #510 gelangen Marcel Manheller und Carsten Knechtges fünf Klassensiege. „Die VT2 ist eine sehr interessante, zukunftsträchtige Klasse. Sie ist stark im Kommen. Die reinen Saugmotoren sterben langsam aus. Es sind viele verschiedene Marken dort vertreten, das macht den Wettbewerb abwechslungsreich“, sagt Teamchef Stefan Manheller.

Trotz der bereits gesammelten Erfahrung in der VT2 sieht er für seine Crew dadurch keine großen Vorteile. „Die Autos sind nahe an den Serienmodellen. Vieles bleibt, wie es ist. Du machst nur kleine Umbauten. Lediglich in punkto Fahrwerksabstimmung haben wir sicher einen kleinen Vorteil.“ Wie im Vorjahr plant Manheller Racing erneut mit zwei Fahrzeugen in der aufstrebenden Klasse.  „Es werden in der VT2 wahrscheinlich fast so viele Autos wie in der V4 am Start sein. Aufgrund dessen schielen wir schon mit einem Auge auch nach der Meisterschaft in der Nürburgring Langstrecken-Serie.“

Sorg Rennsport setzt auf V4 und sieht geringere Chancen in der Cup5

Das Team AVIA Sorg Rennsport hatte 2019 mit Torsten Kratz, Moran Gott und Oliver Frisse in der V4 eine starke Speerspitze. Drei Klassensiege bei VLN1, VLN3 und VLN6 mit dem BMW 325i bescherten dem schnellen Trio am Ende Rang drei in der Gesamtwertung. Mit im Schnitt 25 Autos am Start war die Klasse der über 2.000 ccm bis 2.500 ccm-Fahrzeuge klar die am besten besetzte. Daran dürfte sich auch 2020 nichts ändern. Dahinter folgte die Cup5 mit durchschnittlich 17 Wagen. In der H2 (zehn) und der VT2 (acht) war die Resonanz deutlich geringer. Doch die Zeiten ändern sich rasant. „Ich denke, dass die V4 mit geschätzten 20 Fahrzeugen wohl weiterhin die am stärksten besetzte Klasse sein wird. Die VT2 wird nach unseren Vermutungen mit etwa 15 Startern doch deutlich größer werden als die Jahre zuvor. Wahrscheinlich wird aus einer der beiden Klassen auch der Gesamtmeister 2020 gekürt werden“, wagt Teamchef Daniel Sorg eine Prognose.

Für Bruder Benjamin Sorg ist der Titel das Ziel, einer Klasse traut er dabei dieses Mal deutlich weniger zu: „Da wir 2019 bis zum letzten Rennen im Titelkampf waren, ist das oberste Ziel der Meisterschaftstitel. Die Fahrerbesatzung des BMW 325i in der Klasse V4 kann das schaffen. Die Cup5-Klasse wird wahrscheinlich nicht mehr so stark besetzt sein, da wurden einige Autos verkauft. Der Klassenmeister ist hier das Ziel, wobei der Gesamtmeister wohl eher nicht mehr aus der Cup5 kommt.“ Es deutet sich in der Tat eine Wachablösung an in der Nürburgring Langstrecken-Serie. In den letzten vier Jahren kam der Meister drei Mal aus der Cup5. Letztlich liegt die Wahrheit aber auf der Rennstrecke.