Manthey-Kolumne: Von Amateuren und Profis

Es gibt ja Kritiker, die behaupten, dass die VLN gar keine Breitensport-Rennserie mehr sei. Diese Kritiker untermauern ihre Aussage mit dem Hinweis, es seien nur noch wenige kleine Teams in der VLN am Start, kaum noch reine Amateure, wie sie früher zuhauf im Langstreckenpokal unterwegs gewesen seien. Die hätten die Nordschleife längst großen Teams überlassen, es dominierten semiprofessionelle und professionelle Teams mit enormen personellen, materiellen und finanziellen Ressourcen. Und überhaupt: Geld regiere.

Letzteres stimmt. Bloß hat der Motorsport schon immer Geld, viel Geld gekostet, in jeder Epoche, für jeden Fahrer, jedes Team, jeden Hersteller. Der Rest von dem, was diese Kritiker sagen, stimmt ebenfalls: Es gibt diese großen Teams, und die VLN braucht sie. Und es gibt die kleinen Teams noch, und die VLN braucht auch sie. Daher müssen die Macher der VLN alles, wirklich alles dafür tun, dass die kleinen Teams der VLN erhalten bleiben, dass auch sie als Kunden behandelt werden.

Das Umfeld für die Teilnehmer ist mit den Jahren immer professioneller – und besser geworden. Das gilt für alle Bereiche: die Technik, das Material, das Reglement, die Kontrolle und Überwachung, die Organisation und das Management der Rennen – und die Sicherheit. Davon profitieren alle, die Kleinen wie die Großen, die Amateure wie die Profis.

Die Teilnehmer professionalisieren sich auch selbst, gewissermaßen von innen heraus. Natürlich gibt es den Amateur, der auf der Nordschleife just for fun seine Rennen bestreitet. Als ich Mitte der 70er-Jahre im Motorsport begann (kurz bevor auch die VLN startete), fuhr ich im alten Ford Transit mit dem Rennauto auf dem Hänger ins Fahrerlager des Nürburgrings. Aber ich wollte nie nur zum Spaß Rennen fahren; ich wollte mich profilieren, weiterkommen, aufsteigen. So wie ich damals haben heute viele – nicht nur junge – Fahrer Ambitionen. Und wenn die Ambitionen nicht schon am Anfang da sind, erwachen sie im Wettbewerb.

Warum sollten diese Fahrer, bei stetig steigenden Kosten, ein eigenes Rennauto und ein eigenes Team haben? Sie kaufen sich mit ihrem Geld besser in ein Rennteam ein. So gibt es seit einigen Jahren Teams, die die Freizeitbeschäftigung Rennfahren als Geschäftsinhalt entdeckt haben. Und mit der Zahl der Paydriver steigt die Zahl der Rennautos, die diese Teams in der VLN einsetzen (können) – und die Größe der Autos wächst gleich mit.

Dass man mit Geld den Erfolg in der VLN nicht kaufen kann, und sei der Geldbeutel noch so dick, erfahren die Privatiers, die ihren eigenen Rennstall besitzen wollen. Sie brauchen ein Top-Auto, einen Top-Renningenieur, Top-Mechaniker, Top-Reifen, Top-Fahrer, ein Top-Rennmanagement. Ist nur einer dieser Faktoren eben nicht top, bleibt der Erfolg garantiert aus.

Was diese unterschiedlichen Gruppen von Teilnehmern – die Hobbypiloten, die Paydriver, die semiprofessionellen Teams und die Profis – miteinander verbinden sollte, ist Respekt – Respekt vor dem Konkurrenten, Respekt vor dem anderen und seinen Interessen, Respekt vor dem Motorsport, vor seinen Entwicklungen, seinen inneren Dynamiken und Gesetzmäßigkeiten. Was sie zusammenschweißt, ist ihre Leidenschaft für die Nordschleife. Was sie aber erst zusammenbringt, ist die VLN.

Somit ist die VLN doch Breitensport. Breiter als in der VLN kann der Motorsport doch gar nicht sein.