Jürgen Nett: Ein Kind der Nordschleife

Er ist ein echtes Urgestein der VLN Langstreckenmeisterschaft. Seit 1986 dreht Jürgen Nett seine Runden auf der Nordschleife.
Eigentlich sogar noch länger, denn: „Ich komme aus Adenau. Schon als Kind bin ich mit meinem Vater immer mitgefahren, wenn der sonntags mit seinem Simca Rallye 3 auf dem Ring unterwegs war. Ich saß immer hinten drin und habe mich am Überrollkäfig festgehalten, weil es keine Sitze gab.“ Als 19-Jähriger durfte er dann selber ans Steuer und stieg mit einem Peugeot 205 GTI in die Langstrecken-Serie ein und wieder teilte er sich ein Fahrzeug mit seinem Vater. Diesmal jedoch den Rennstatuten entsprechend. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Nur ein Jahr nach seinem Einstieg feierte das Vater-Sohn-Gespann, Jürgen und Ludwig, den VLN-Gesamtsieg. „Bis heute ist das einzigartig. Vater und Sohn haben die VLN ansonsten noch nicht gewonnen. Das macht den Erfolg natürlich besonders schön.“ Auf einen weiteren Gesamtsieg wartet Jürgen Nett bisher vergeblich. In 29 Jahren VLN sammelte er jedoch zahlreiche Klassensiege in den unterschiedlichsten Fabrikaten. Prominente Motorsportler und Nicht-Motorsportler kreuzten dabei seinen Weg – auf der Strecke oder im selben Cockpit.

So fuhr er 2010 als Peugeot-Werksfahrer die 24h auf dem Nürburgring gemeinsam mit Joey Kelly, holte den Klassensieg und landete im Gesamtklassement unter den besten 50. Nett: „Ich habe mit ihm ein bisschen Fahrertraining im Vorfeld gemacht. Ein unheimlich sympathischer Typ, der unheimlich schnell lernt. Das Rennen mit ihm zählt zu meinen persönlichen Highlights.“ 24h-Rennen absolvierte er unter anderem auch in Barcelona, fuhr dort zusammen im Mini mit den ehemaligen DTM-Fahrern Harald Grohs und Markus Oestreich. Die VLN und der Nürburgring sind jedoch seine absoluten Favoriten. Zum einen kommt Nett die örtliche Nähe zugute, zum anderen die auf einen Tag komprimierte Veranstaltung. Auch nach so langer Zeit auf dem Eifelkurs, ist jedes Rennen dort etwas Besonderes für ihn: „Die Strecke ist fantastisch und auf der Welt einzigartig. Jedes Rennen ist anders. Die Verhältnisse auf der Strecke variieren, mal wird etwas umgebaut. Man erlebt jedes Mal etwas Neues.“

Nach seinem Gesamtsieg 1987 sammelte er im Laufe der Jahre weitere Pokale; im Honda Civic-Cup, den er zweimal gewann, ebenso wie den Peugeot 206-Cup. Unzählige Klassensiege kann er sich ebenfalls ans Revers heften. In der offiziellen Statistik stehen in dieser Wertung momentan 52 zu Buche, doch die wird erst seit 1990 geführt. „Eigentlich habe ich wesentlich mehr, weil ich ja schon vor 1990 aktiv war. In meinem Titel-Jahr habe ich beispielsweise neun von zehn Rennen gewonnen.“ Eine Bilanz, die er vor 28 Jahren mit seinem Vater herausfuhr. In der aktuellen Saison ist er wieder in einem reinen Familien-Cockpit: Zusammen mit seinem Bruder Joachim saß er in vier gewerteten VLN-Rennen hinter dem Steuer seines Peugeot 306 S16 und holte dabei dreimal den V3-Klassensieg. „Das Schöne ist, dass mein Team sich immer noch komplett um das Auto kümmert, ohne dafür etwas zu verlangen. Die schrauben nach Feierabend und kommen für ne Flasche Bier mit zu den Wochenenden“, sagt ein dankbarer Nett.

Der Adenauer ist ein absoluter Rennfahrer. Als er sich in der Vergangenheit bei einem 24h-Rennen die Atmosphäre als Zuschauer im Adenauer-Forst einsaugen wollte und nicht teilnahm, endete diese Erfahrung äußerst tränenreich. „Ich musste ständig weinen. Ich kann einfach nicht an der Strecke sein und nicht fahren – so toll die Atmosphäre unter den Fans auch war. Das ist nichts für mich, ich muss dann einfach fahren.“ Einen großen Wunsch möchte er sich gerne noch erfüllen: noch einmal den VLN-Gesamtsieg holen. Beim Opel Astra OPC Cup hat er mit Mario Merten einen starken Partner, mit Bonk Motorsports ein starkes Team. Doch so richtig wollte es in diesem Jahr einfach nicht klappen. „Wir hatten immer ein kleines Problem. Mal waren es die Reifen und eigentlich in jedem Rennen gab es technische Defekte – leider.“ In der kommenden Saison wird Nett wieder angreifen – auf welchem Fabrikat auch immer. „Das weiß ich noch nicht hundertprozentig. Aber generell trete ich immer an, um Rennen und Titel zu gewinnen.“