„Wirklich fahren lernst du nur im kleinen Auto“

Den 50. ADAC Barbarossapreis wird Patrick Assenheimer so schnell nicht vergessen. Dem 26-Jährigen glückte mit Dominik Baumann im Mercedes-AMG GT3 des Teams HTP Motorsportder erste Gesamtsieg in seinem 56. VLN-Rennen. Bis 2016 fuhr der gebürtige Heilbronner auf der Nordschleife noch gegen die BMW-Armada in der Produktionswagenklasse V4 und feierte dabei drei Klassensiege, dann folgte der Umstieg vom 215 PS starken C230 auf den 550PS-Boliden in der SP9. Mit durchschlagendem Erfolg. VLN.de sprach mit dem motorsportlichen Spätzünder über die Anfänge, seinen berühmten Mentor und seine Zukunftspläne.

Dein erster Gesamtsieg in der VLN ist mittlerweile ein paar Tage her. Wie fühlst du dich? Was war das Erfolgsrezept?

Ich freue mich immer noch. Das hätte niemand erwartet. Endlich hat mal alles gepasst und wir hatten das notwendige Quäntchen Glück. Das macht Hoffnung und Lust auf mehr. Da gab es mehrere Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. Ich habe dieses Jahr meine erste komplette GT3-Saison absolviert. Durch die viele Fahrzeit konnte ich mich persönlich weiter entwickeln, keine Runde auf der Nordschleife ist wie die andere. Bei VLN8 hatten wir zum ersten Mal Michelin-Reifen drauf. Die sind derzeit die Top-Wahl in der Eifel.

Das klingt fast zu bescheiden. Glück und die richtige Reifenwahl alleine können es ja nicht gewesen sein…

Nein, es hat alles perfekt geklappt zwischen Team und den Fahrern. Ich hatte den Vorteil, dass ich sechs Jahre lang auf einer V4-C-Klasse gefahren bin. Ich kann dadurch den Verkehr einen Tick besser abschätzen und lesen. Das hilft beim Speed im Rennen. Nach einer gewissen Zeit schießt du dich besser auf das Auto ein, plus du gewöhnst dich an die Geschwindigkeit und hinzu kommt der Teamkollege, Dominik Baumann, hat einen astreinen Job gemacht.

In der V4 hattest du jahrelang eine BMW-Armada als Gegenspieler. War dieser Wettstreit auch vorteilhaft für deine jetzigen Rennen in der SP9?

Wirklich fahren lernst du auf der Nordschleife nur im kleinen Auto. Du musst zum einen den Verkehr nach vorne lesen mit all den Zweikämpfen und zum anderen die schnellen Fahrzeuge im Rückspiegel beobachten, damit du die richtigen Blinkzeichen geben, dich optimal positionieren kannst, um den besten Speed in der Kurve zu haben. Man kann halt auch nicht immer alles auf die großen Autos schieben. Man kann nicht einfach in die Kurve reinhalten und sich dann beschweren, dass beide abbremsen müssen. Da muss man überlegen. Ich habe damals immer zehn bis 15 Meter früher abgebremst und dann probiert mit mehr Schwung rauszukommen. Mit einem PS-schwachen Auto kannst du nicht einfach nach der Kurve aufs Gas gehen und denken, da kommt was. Ich war ja dort auch recht erfolgreich. Für mich war es ein perfekter Einstand.

Das Ganze ist 2007 als ein Mitarbeiter-Projekt in eurem Autohaus gestartet worden. Hättet ihr euch das damals träumen lassen, dass sich das so erfolgreich entwickelt?

Nein, natürlich nicht. Damals haben wir Fußball, Tennis, Eishockey, alles Mögliche in der Region unterstützt. Nur für das, für was wir stehen, den Automobilsport, haben wir gar nichts gemacht. Dann hat mein Vater damals entschieden, okay, wir stellen euch ein Auto zur Verfügung. Ihr müsst das selber nach eurer Arbeitszeit herrichten und könnt dafür gerne die Werkstatt benutzen. So hat es begonnen und sich Stück für Stück weiterentwickelt. Wir haben uns einen Trailer zugelegt, ein Netzwerk an Sponsoren ist entstanden. Motorsport ist kein Schnäppchen. Das hätte sich niemand erträumt, dass es Richtung GT3-Klasse geht und ich einen Sieg einfahren kann.

Du hattest 2016 beim den 24h in Dubai einen Feuerunfall. Dein Mercedes SLS GT3 stand innerhalb einer Sekunde komplett in Flammen, nachdem sich während der Fahrt, Benzin im Unterboden an einem heißen Teil entzündete. Du hast dabei Verbrennungen an der oberen Gesichtshälfte und an der linken Hand erlitten. Gab es damals den Gedanken, ich höre auf?

Nein, ich habe mich eher gefragt, beziehungsweise ich wusste nicht, ob meine Eltern mich noch fahren lassen würden. Zum Glück haben sie mich aber bestärkt, und gesagt, wenn ich fahren möchte, dann soll ich das machen. Das ist auch nicht normal. Vier Tage später habe ich wieder im Auto gesessen.

Du hast nicht die klassische Motorsport-Ausbildung genossen, du bist zum Beispiel nie im Kart Rennen gefahren. Du bist erst im Alter von 18 Jahren eingestiegen. Wieso bist du trotzdem so erfolgreich geworden?

Das hat alles Vor- und Nachteile. Mir hat mal jemand gesagt, vielleicht fehlt mir das Grundverständnis. Auf der anderen Seite habe ich im Kart-Sport nichts gelernt, was für den GT-Sport eventuell negativ wäre. Ich bin nicht versaut, was einen gewissen Fahrstil angeht. Meine Liebe und das Talent für den Motorsport kommt auch nicht von ungefähr. Meine Großeltern sind schon Rennen gefahren. Mein Opa Rundstrecke, meine Oma Bergrennen. Zusammen haben sie mehrere Hochgeschwindigkeits-Weltrekorde aufgestellt. Die Begeisterung hat bei meinem Vater eine Generation ausgesetzt, deswegen habe ich meine Kindheit auch auf dem Fußballplatz verbracht.

Du hast einen sehr bekannten Manager und Mentor, nämlich Bernd Schneider, den DTM-Rekordchampion. Wie kam der Kontakt zustande?

Vor ihm habe ich große Ehrfurcht. Er ist einfach ein genialer Typ. Wir haben uns auf einer Veranstaltung von Mercedes-AMG in Portimão kennengelernt. Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, als einer von zwei Fahrern in seiner Management-Firma dabei zu sein. Das war ein tolles Gefühl. Seit zwei Jahren ist er jetzt mein Manager und Mentor. Er hilft mir bei Absprachen mit Teams, bei Sponsoren, das ist umfänglich und situationsbedingt. Ich kann ihn jederzeit anrufen und alles fragen.

Ein großes Etappenziel hast du erreicht mit dem Gesamtsieg bei VLN8. Wie geht es weiter? Was hast du noch für Ziele?

Das nächste Ziel ist bei VLN9 gut abzuschneiden. Es wird schwierig nochmal so gut abzuschneiden. Aber, sag niemals nie. Das hat jetzt höchste Priorität. Ansonsten nehme ich mir noch nicht zu viel vor. Und dann führe ich Gespräche wie es nächstes Jahr weitergeht. Ich möchte der Nordschleife 2019 auf jeden Fall erhalten bleiben. Das ist sicher. Alles Weitere steht noch in den Sternen. Bathurst oder Daytona würde mich mal reizen.