Sportwarte der Streckensicherung: Näher dran sind nur die Fahrer

Die heimlichen Helden der VLN stehen unmittelbar neben der Rennstrecke. Ohne sie dreht sich auf der Nordschleife kein Rad. „Wenn sie nicht da nicht sind, dürfen wir gar nicht losfahren. Ohne sie geht es nicht. Die Anzahl der Posten sind von der FIA und dem DMSB vorgegeben. Im Normalfall müssen wir alle Posten besetzen. Wenn 20 Leute fehlen, können wir eine Veranstaltung theoretisch nicht durchführen“, sagt Andreas Mühlenbernd. Die Rede ist von den „Sportwarten der Streckensicherung”, wie die wichtigen Helfer mit den leuchtenden Warnwesten offiziell heißen. „Rund 350 Leute sind bei einem VLN-Lauf im Einsatz, beim 24h-Rennen sind es weit über 1.000. Dann arbeiten die Sportwarte in vier Schichten. Bei der VLN sind es grundsätzlich immer zwei Personen pro Posten, damit sie sich abwechseln können“, sagt der Leiter der Streckensicherung.

Wenn Du den Motorsport liebst und auch mittendrin statt nur dabei sein willst, zeigen wir Dir, wie Du ein lizensierter Sportwart auf der schönsten Rennstrecke der Welt werden kannst. Was die Ausbildung beinhaltet, wie deine Aufgaben sind.
Sportwarte-Clubs

Bei der Organisation und Sicherung der über 25 Kilometer langen Gesamtstrecke des Nürburgringes und der tückischen Nordschleife werden höchste Anforderungen an die Streckensicherung gestellt. Die Aufgabe der Sportwarte ist verantwortungsvoll. In mehrfacher Hinsicht. Sie überwachen das Renngeschehen im zugeteilten Streckenbereich. Sie treffen eigenständig wichtige Entscheidungen. Sie sorgen durch Halten und Schwenken ihrer Flaggen für die Sicherheit auf der Rennstrecke. „Wir sagen immer: Der Eigenschutz geht vor. Die Gesundheit des Sportwartes ist das wichtigste. Das ist die oberste Prämisse. Natürlich ist er auch dazu da, dem Fahrer zu helfen und ihn zu schützen, durch eine entsprechende Vorwarnung“, sagt Mühlenbernd. Im Lehrbuch des DMSB lautet der Grundsatz der Streckensicherung unter Punkt 2.1.: Erst sichern, dann melden, dann helfen. Dazu gehört eine gute Auffassungsgabe und Disziplin.

Aber, was bringt jemanden letztlich dazu für einen Fahrtkostenanteil von 50 Euro zwölf Stunden an der Rennstrecke zu verbringen? „Im Regelfall sind die Sportwarte um 6.30 Uhr da und checken ein. Sie holen sich ihr Material zentral an einer Stelle ab, zum Beispiel die Funkgeräte, dann fahren sie an die Strecke. Um 8.20 Uhr beginnt das Training, dann gibt es eine Pause von 10 bis 12 Uhr, bis das Rennen startet, das bis 16 Uhr geht. Bis sie dann ihr Material und alles wieder abgegeben haben, ist es 17 bis 17.30 Uhr. Im Prinzip von morgens 6 bis abends um 18 Uhr“, schildert Mühlenbernd den üblichen Tagesablauf.

Martina Contzen beschreibt stellvertretend für ihre mehrere hundert Kollegen die Faszination, die der legendäre Eifelkurs auf die unersetzlichen Helfer ausübt: „Ich bin seit 26 Jahren Sportwart am Nürburgring. Ich mag die Eigenheiten und Charakteristiken der Strecke. Keine Stelle ist gleich. Nirgendwo bist du so nah dran an den Autos. Die Fahrer wissen, dass wir für sie da sind. Ich kann hier weitestgehend selbstständig arbeiten. Als Streckenposten liebe ich den Abschnitt Döttinger Höhe. Das ist mein Zuhause. Da fühle ich mich am allerwohlsten. Aber auch am Adenauer Forst gefällt es mir gut.“

Nirgendwo bist du so nah dran an den Autos. Die Fahrer wissen, dass wir für sie da sind.

Martina Contzen
Seit 26 Jahren Sportwart am Nürburgring

Hintergrundwissen

Andreas Mühlenbernd
VLN Leiter der Streckensicherung

Aufgaben eines Sportwartes der Streckensicherung

Die Aufgabe eines Sportwartes der Streckensicherung ist es, durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen größtmögliche Sicherheit zu schaffen. Sichern, Melden, Retten lautet der Grundsatz.

Sichern bedeutet, die entsprechenden richtigen Flaggen im gegebenen Augenblick zu zeigen. Melden bedeutet, alle Vorkommnisse sofort zu melden und schnellstens schriftlich festzuhalten. Und helfen, bedeutet die notwendigen Maßnahmen zur Rettung und Bergung und zur Verhinderung weiterer Unfälle durchzuführen. Die hauptsächliche Aufgabe ist die eigenverantwortliche Überwachung des zugeteilten Streckenbereiches und das selbstständige Zeigen der erforderlichen Flaggensignale, wichtig ist im Ernstfall auch die Absicherung der Gefahrenstelle. Die Absicherung hat nach einem Unfall oberste Priorität, um die Bergungskräfte auf der Strecke abzusichern. Durch die Streckenmeldungen können umgehend Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden. Der Sportwart ist für die Bergung von gestrandeten Autos oder die Reinhaltung der Strecke, beispielsweise von Öl oder Fahrzeugteilen, zuständig.

Die Sportwarte nehmen aber auch sportliche Überwachungsfunktionen wahr. Zum Beispiel ob gezeigte Flaggensignale und geltende Vorschriften von den Fahrern beachtet werden. Oder ob sich ein Teilnehmer vielleicht einen Vorteil durch Abkürzen verschafft oder mit einem nach Unfall nicht mehr sicheren Fahrzeug unterwegs ist. „Wichtig ist vor allem die Flaggenkunde, man sollte wissen, welche Flaggen bei welchen Situationen zu zeigen sind. Auch sportrechtliche Dinge sollte man beherrschen und kompetent anwenden können, wie zum Beispiel, wer darf wen, wann und wie überholen“, sagt Mühlenbernd.

Andreas Mühlenbernd
VLN Leiter der Streckensicherung

Ausbildung zum Sportwart der Streckensicherung

Jeder Motorsportinteressierte, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und über eine physische und psychische Grundfitness verfügt, kann sich zum Sportwart der Streckensicherung ausbilden lassen. Voraussetzung für die Lizenzierung ist die Teilnahme an einem nach den Richtlinien des DMSB durchgeführten Lehrgang. Grundlage der Ausbildung ist das DMSB-Lehrbuch für die „Schulung zum Sportwart der Streckensicherung“.

„Es gibt gelistete Ausbilder des DMSB, zum Beispiel den Marshals Club, den Nürburgring und den ADAC in NRW. Es wird eine Aufwandspauschale, zwischen 15 und 20 Euro, unter anderem für die Verpflegung berechnet. Die Lizenz des DMSB kostet 25 Euro. Die Lizenz ist national und international gültig, da wir der FIA angeschlossen sind. Sie würde zum Beispiel auch von den Ausrichtern in Spa anerkannt“, sagt Andreas Mühlenbernd.

Die Ausbildung beinhaltet: Aufbau und Organisation der Streckensicherung, Erste Hilfe und Feuerlöschtechnik, Streckenbeobachtung und Schwerpunkt Signalgebung, Rettungs- und Bergemaßnahmen bei Rennunfällen. Die Themen können in ihren Schwerpunkten und Zeitansätzen je nach Einsatzgebiet des Sportwarts der Streckensicherung variabel gestaltet werden.

„Eigentlich müsste man einen zweitägigen Lehrgang machen, wir komprimieren das auf einen Tag. Am Ende gibt es eine Prüfung und dann bekommt man auch die Lizenz. Die gilt drei Jahre. Danach muss man einen Auffrischungslehrgang machen, der unter anderem Änderungen und Anpassungen im Sportgesetz beinhaltet, die über die Zeit gekommen sind“, sagt Mühlenbernd.

Andreas Mühlenbernd
VLN Leiter der Streckensicherung

Auf der Nordschleife ist nichts normal

Die über 25 Kilometer lange Strecke der Nürburgring Nordschleife ist für die Sportwarte der Streckensicherung eine besondere Herausforderung. Bedingt durch die örtlichen Gegebenheiten gibt es an vielen Stellen eine Unübersichtlichkeit, es geht bergauf, bergrunter, Kurve rechts, Kurve links, durch große Waldgebiete. Dies hat man bei einer normalen Rundstrecke nicht. Hightech-Kameras werden in der Grünen Hölle aufgrund der Weite durch das wachsame Auge des Sportwartes ersetzt.

In Bezug auf die Nordschleife gibt es schon ein paar Besonderheiten, die auf einer normalen Rundstrecke nicht gelten. Wir bauen gerade in Zusammenarbeit mit dem DSMB einen speziellen Kurs zusammen. Diese Inhalte decken wir derzeit bei dem Lehrgang noch mit einem Extra-Vortrag ab“, sagt Mühlenbernd und erklärt dies exemplarisch am Beispiel der Code60-Regelung: „Wir setzen diese Flagge in der Eifel anders ein, als sie gebräuchlich ist. Eigentlich wird von zehn bis null runter gezählt, dann wird sie überall gleichzeitig gezeigt. Das geht aber hier nicht. Hier machen wir dies nur von Posten zu Posten. Wir geben eine Vorwarnung, so dass die Teilnehmer sehen, da sind jetzt zwei gelbe Flaggen, da muss ich jetzt 120 fahren und dann kann als nächstes eine Code60 kommen und dann kommt eine grüne Flagge und dann geht es weiter. Das ist ein ganz anderer Gebrauch, als im Gesetz beschrieben.“

Sportwarte-Clubs der VLN im Internet

MSC Lüdenscheid – www.msc-luedenscheid.com
Marshals Team Joisten – www.mtj-online.com
MC Ruhrtal – www.mc-ruhrtal.de
Motorsport Marshal Team – www.motorsport-marshal-team.de
AMC Burbach – www.amc-burbach.de
PSV Aachen – www.psv-aachen.de
Marshal Team – Wuppertal www.mteamwtal.de

Videos zum Thema Sicherheit