Interview Karl Mauer – Teil 2: „Wir werden den Fahrern auf die Finger schauen“

Wie haben Sie 2016 das Geschehen auf der Strecke wahrgenommen? Wie sah es mit der Disziplin der Fahrer aus?
Das ist ein Thema, dem wir uns im Kontext des permanenten Verbesserungsprozesses 2017 schwerpunktmäßig widmen werden. Es ist kein leichtes Unterfangen, denn wir müssen grundsätzlich zwischen absichtlichem, grobfahrlässigem Verhalten und dem berühmten Rennunfall unterscheiden können. Zwischenfälle auf der Rennstrecke zu untersuchen und gerecht zu bewerten, ist eine aufwendige Arbeit. Dazu braucht man Onboard-Aufnahmen, zumindest von den Beteiligten, am besten auch noch von einem Fahrzeug, das hinter ihnen her gefahren ist. Das kann man im zeitlichen Rahmen einer Rennveranstaltung nicht leisten. Häufig werden wir auf solche Zwischenfälle ja auch erst dann aufmerksam, wenn entsprechende Videos auf YouTube zu sehen sind.

Wie wollen Sie vorgehen?
Das werden wir in einer Weise in Angriff nehmen, die uns die notwendige Zeit gibt, die Zwischenfälle nach einem Rennen in Ruhe minutiös zu analysieren und auszuwerten, um dann zum folgenden Rennen entsprechend zu reagieren.

Übeltäter sollen nachträglich bestraft werden?
Bei diesem Anliegen sind wir derzeit mit dem DMSB im Dialog. Auch der DMSB hat ein Interesse daran, dass ein fairer Umgang unter den Fahrern in einem Rennen auf der Nordschleife herrscht. Wir fordern nicht unbedingt die Bestrafung in Form von Sperren oder in Form von einem nachträglichen Wertungsausschluss. Aber wir sehen unsere Initiative als Akt der Disziplinierung, die zu einem kollegialeren Umgang der Fahrer untereinander führt, die beim Fahrer das Bewusstsein schärft, auf der Rennstrecke eben nicht alles machen zu können, weil er weiß, dass wir ihm auf die Finger schauen und ihn im extremen Fall zur Rechenschaft ziehen. Viele der Zwischenfälle – das erkennen wir, wenn wir sie im Detail auswerten – sind klassische Rennunfälle. Aber manche Unfälle resultieren eindeutig aus Fahrlässigkeit oder aus einer Reaktion, die der Fahrer mit mehr Besonnenheit hätte unterlassen können.

Wer wird die Zwischenfälle analysieren und auswerten?
Das sollte ein Gremium tun, das aus einem Vertreter des Veranstalters, des Rennstreckenbetreibers und des DMSB besteht. Zu diesem Gremium sollte unbedingt auch ein Fahrervertreter gehören. Es ist ganz wichtig, dass bei der Analyse und Bewertung solcher Zwischenfälle auf der Strecke auch jemand dabei ist, der das Geschehen aus der Sicht des Fahrers beurteilen kann.

Sie sind auf Aufnahmen der Onboard-Kameras angewiesen, da Ihnen für die Nordschleife die Außenansicht fehlt. Laufen Sie nicht Gefahr, dass Sie nur punktuell ahnden und in gewisser Weise dem Unrecht Vorschub leisten? Viele Übeltäter werden Ihnen durch die Lappen gehen.
Unrecht Vorschub zu leisten, müssen wir unter allen Umständen vermeiden. Es ist heute so: Die meisten Teilnehmer fahren mit Onboard-Kameras. Und wir brauchen das bewegte Bild. Mit den Aussagen der Fahrer alleine kommen wir nicht weiter. Die Entscheidung kann am Ende nur auf Basis des bewegten Bildes gefällt werden. Wenn wir das nicht haben, kommen wir nicht zu einem gerechten Ergebnis. Aber wichtig ist, dass die Fahrer in dem Bewusstsein in die Rennen gehen, dass sie unter Beobachtung stehen und dass sie, wenn sie sich wirklich erkennbar daneben benehmen, mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Das komplette Interview lesen Sie in „Grüne Hölle 2016“.
Das VLN-Jahrbuch über die letztjährige Saison vermittelt mit eingehenden Reportagen erstmals ein in Breite und Tiefe eindrückliches Bild von der enorm hohen Komplexität im Rennmanagement der weltweit einzigartigen Breitensport-Rennserie auf der Nürburgring-Nordschleife.
„Grüne Hölle 2016“ kostet 29,80 Euro und ist hier erhältlich.