Dem Traum alles untergeordnet – Kiki Sak Nana im Interview

Der thailändische „Drift-Guru“ Kiki Sak Nana spricht im Interview über die Nordschleife und die Erfüllung seines großen Traums.

Sie haben sich in ihrer Heimat Thailand einen Namen im Drift-Sport gemacht – sind dort ein echter Star. Wie sind Sie zu dieser Art des Motorsports gekommen?
Ich habe im Jahr 1991 mit dem Motorsport begonnen, bin in den ersten Jahren in der Formel Ford und einer Saloon-Car-Serie gefahren. Ich lebte damals in England, und als mein Geschäft aufgrund einer Wirtschaftskrise im Jahr 1995 nicht mehr so gut lief, musste ich mit dem Rennsport aufhören. Es wurde einfach zu teuer für mich. Ein Jahr später habe ich aus diesem Grunde mein erstes Drift-Car zusammengebaut. Ich hatte eine eigene Kundenwerkstatt, in der ich das Auto in meiner Freizeit aufgebaut habe.
In England gibt es viele, viele kleinere Flugplätze. Ich bin jeden Sonntag mit meinem Wagen zu einem dieser Flugplätze gefahren – wie gesagt, die Auswahl war riesig –, habe mir für ein paar Stunden einen Teil des Flugplatzes angemietet, dort mein Auto getestet und an meinen Driftfähigkeiten gefeilt. Das hat sich irgendwann herumgesprochen, und mehr und mehr Leute haben sich meinem Hobby angeschlossen. Ende des Jahrtausends haben wir dann ein erstes Drift-Event veranstaltet und eine Drift-Schule eröffnet, die auch viele Deutsche und Iren besuchten. Die Popularität wuchs weiter, und wir riefen eine Drift-Show mit Stationen in ganz Europa ins Leben, mit der wir uns schnell einen Namen machten.
Eine englische Zeitung betitelte mich damals als „Drift-Guru“. Als alles so richtig gut lief, musste ich im Jahr 2006 unglücklicherweise zurück nach Thailand, da meine Mutter schwer erkrankte. Ich habe dann dort genau das Gleiche gemacht wie zuvor in Europa und Drift-Shows zunächst in Thailand und dann in vielen weiteren asiatischen Ländern veranstaltet. Außerdem habe ich erfolgreich an Drift-Wettbewerben wie dem „D1 Grand Prix“ oder der „Formula D“ teilgenommen.

Wie kommt ein Drift-Champion aus Thailand auf die Nürburgring-Nordschleife? Wurden Sie angesprochen? War es ihr eigener Wunsch?
Ich kannte die Nürburgring-Nordschleife schon aus meiner Zeit in England und den Drift-Events in Europa. Seitdem war es immer ein Traum von mir, dort einmal zu fahren. Ein Traum, dem ich schließlich alles unterordnete. Ich habe mit den Drift-Events und der Drift-Schule aufgehört und mich voll auf den GT3- und Tourenwagen-Sport konzentriert. Ich wollte auf der Nordschleife Rennen fahren – um jeden Preis. 2012 durfte ich mich mit RUF Automobile am Rundenrekord versuchen, aber leider machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Ich setzte mir stattdessen das Ziel, das 24h-Rennen zu gewinnen. Ein Ziel, das ich 2013 im BMW M3 GT4 von Bonk Motorsport mit dem SP10-Klassensieg verwirklichte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ich endgültig vom Nordschleifen-Virus infiziert.

Was ist Ihnen bei Ihrer ersten Runde in der Eifel durch den Kopf gegangen? Wie schwer war sie? Und in welchem Auto haben Sie gesessen?
Meine erste Runde auf der Nordschleife liegt lange, lange zurück. Ich glaube, es war in einem Nissan Silvia, und es hat geregnet. Es war absolut furchteinflößend. Als ich meine erste Runde absolviert hatte, musste ich erstmal anhalten und mindestens 30 Minuten pausieren – mein Herz hat nicht aufgehört, wie wild zu schlagen. Meine erste Runde war alles andere als eine Rennrunde – da ging es schlicht ums pure Überleben.

Inzwischen haben Sie einige Routine auf der Nordschleife. Wie sieht ein VLN-Wochenende für Sie aus? Was fasziniert Sie an dieser Strecke?
Weil ich viele Rennen in vielen Ländern und unterschiedlichen Zeitzonen absolviere, bin ich häufig unterwegs und habe oft mit Jetlag zu kämpfen. Doch besonders in der Eifel kann man sich solche Probleme nicht leisten. Auf jeder Runde in der VLN habe ich das Gefühl, als müsste ich noch sehr viel lernen. Das hört bisher auch nicht auf, ist ein scheinbar endloser Prozess. Die Herausforderung ist so groß, und es kommt mir vor, als ob ich einen Fehler nach dem anderen mache. Aber ich werde nicht aufgeben, weiter kämpfen und irgendwann die aus meiner Sicht perfekte Runde hinlegen.

Im vergangenen VLN-Rennen sind Sie gemeinsam mit Adam Osieka und Fabian Schiller im GetSpeed-Porsche Zweiter in der Cup2 geworden. Das beste Saisonresultat und mit Gesamt-rang zwölf das beste Resultat Ihrer VLN-Karriere. Wie bewertest Sie das Jahr 2016? Wie verstehen Sie sich mit Ihren Teamkollegen? Und wie kam das Engagement bei GetSpeed zustande?
Generell haben wir in dieser VLN-Saison hart zu kämpfen. Schon beim Auftakt hatten wir Probleme mit dem GPS und sind aufgrund weitere technischer Probleme letztlich auch ausgefallen. Aber das Team haut immer voll rein – gibt 110 Prozent. Der wichtigste Part ist für mich Adam. Er ist wie ein Bruder für mich. Er gibt immer Vollgas, wir sprechen viel über Probleme und wie wir diese lösen können. Ich bin sehr dankbar und glücklich, Teil seines Teams sein zu dürfen. Einer meiner Freunde hat mich ihm einst vorgestellt, und es dauerte zugegebenermaßen ein wenig, bis ich mich an die deutsche Mentalität gewöhnt hatte. Inzwischen liebe ich sie bei GetSpeed alle – es sind alles sehr liebe und gute Menschen. Ich fühle mich hier rundum wohl.

Welches Fabrikat gefällt Ihnen am besten? Und träumen Sie von einer Nordschleifen-Runde in einem GT3-Auto?
Ich bin einer der Glücklichen, die schon viele, viele unterschiedliche Fabrikate fahren durften – unter anderem Formel-Autos, GT3 und Tourenwagen. Aber ohne Zweifel ist Porsche mein Lieblingshersteller. Leider hatte ich bisher noch nicht die Chance, in der Klasse SP9 anzutreten. In Deutschland ist der Wettbewerb in den GT3-Klassen immens. Derzeit konzentriere ich mich voll und ganz auf die Cup2-Klasse. Wenn wir dort richtig Erfolg haben, können wir vielleicht mal über die SP9 sprechen.

Wie sieht Ihre Zukunft aus? Bleiben Sie der VLN treu?
Wie gesagt, die Nordschleife ist mein großer Traum. Jetzt, wo ich mir diesen erfülle, denke ich nicht daran, diese Strecke wieder zu verlassen. Ich bin am Ziel meiner motorsportlichen Reise angelangt – genau hier möchte ich fahren. Natürlich weiß man nie, was die Zukunft bringt. Ich wäre über ein weiteres Jahr in der Cup2-Klasse glücklich. Vielleicht geht es aber auch in die SP7 oder SP9. Das ist aber kein Zukunftsplan, vielmehr eine Zukunftshoffnung.