Wie Anders Fjordbach zur Nordschleife kam

Als der ganz junge Anders Fjordbach seine ersten Schritte im Motorsport machte, nahm ihn schon bald ein prominenter Landsmann unter die Fittiche. John Nielsen, wie Fjordbach Däne, bot sich als Mentor an. Von Nielsen (der 1990 mit Martin Brundle und Price Cobb im Jaguar XJR-12 die 24 Stunden von Le Mans gewann) hörte Fjordbach auch erstmals von einer legendären Rennstrecke im Herzen der Eifel, auf der er, Nielsen, als Testfahrer für den Reifenhersteller Bridgestone regelmäßig seine Runden drehte.
„Er hat pausenlos von der Nürburgring Nordschleife geschwärmt“, erinnert sich Fjordbach. „Von da an war es ein großer Traum von mir, auch mal dort zu fahren.“ 2014 wurde der Traum Wirklichkeit. Zwei Jahre nach seinem VLN-Debüt ist Fjordbach in der „Grünen Hölle“ richtig angekommen: Gemeinsam mit Frank Stippler gewann der Däne im Audi R8 LMS von Phoenix Racing die ersten beiden Rennen der Saison 2016.

6.000 Kilometer von der Eifel entfernt, im Wüstenstaat Dubai, nahm 2014 Fjordbachs Erstauftritt auf der Nordschleife konkret Gestalt an. Beim 24 Stunden-Rennen teilte er sich mit Arturo Devigus, Willi Friedrichs und Burkard Kaiser das Cockpit eines Porsche 911 GT3 Cup des Teams Black Falkon. „Dort haben wir viel über die VLN und die Möglichkeiten, auf der Nordschleife zu fahren, gesprochen“, berichtet Fjordbach, der sich bald darauf einen Fahrerplatz bei Sorg Motorsport ergatterte.

Der Kontakt kam über einen Bekannten, Philipp Leisen, zustande, mit dem er sich dann auch sein erstes VLN-Cockpit teilte. Seine Premiere am 29. März 2014 konnte sich sehen lassen: Fjordbach, Leisen und René Steurer fuhren im Sorg BMW M3 GT4 in der Klasse SP10 auf den zweiten Platz. „Schon auf meinen ersten Runden war mir klar: Das ist die absolut beste Rennstrecke auf der ganzen Welt“, erzählt Anders Fjordbach. Nur zwei Wochen später, in seinem zweiten VLN-Lauf, feierte er seinen ersten Klassen-Sieg.

Der erfolgreiche Einstand fand für den Dänen aber vorerst keine Fortsetzung. Bei seiner dritten VLN-Teilnahme, Anfang Juli 2014, wechselte er in den BMW M325i Racing Cup. In den folgenden Rennen machte die Nordschleife ihrem Beinahmen „Grüne Hölle“ aus Sicht Fjordbachs alle Ehre. Es folgte Ausfall auf Ausfall, nur ein einziges Mal sah er als Sechster der Cup5-Klasse das Ziel. „Es gab viele Probleme. Wir waren eigentlich stets unter den Top 3, hatten dann aber immer wieder Unfälle oder technische Defekte. In dieser Zeit sind mir die Tücken der Nordschleife so richtig bewusst geworden. Die vielen Autos auf der Strecke, die Schwierigkeiten, wenn es plötzlich zu regnen anfängt, letzten Endes auch die Distanz. Ich bin ja zuvor fast ausschließlich Sprintrennen gefahren.“

Zwischen 2012 und 2014 nahm Anders Fjordbach an der Schwedischen Tourenwagen-Meisterschaft teil, 2015 startete er für das tschechische Team ISR im Audi R8 LMS ultra in der Blaincpain-Sprintserie. Und auch beim 24h-Rennen in Spa-Francorchamps. „Dort hatten wir die Box neben Phoenix“, berichtet Fjordbach. „Neben dem Audi bin ich auch in einem Ferrari in der Pro-Am-Klasse gefahren; mit dem haben wir, bei richtig miesem Wetter mit viel Regen, den zweiten Platz geholt.“ Von dieser Leistung war Phoe-nix-Teamchef Ernst Moser so angetan, dass er ihm noch im selben Jahr drei Starts im Phoenix-Audi in der VLN offerierte.

Bei seiner Premiere im GT3-Sportwagen teilte sich Anders Fjordbach das Cockpit mit Nicki Thiim und Christian Mamerow – Ausfall. Beim vorletzten VLN-Rennen der Saison fuhr er zusammen mit Mamerow und erstmals mit Frank Stippler – wieder Ausfall. Beim Saisonfinale überquerte dasselbe Trio dann als Klassen-Fünfter und Gesamt-Zwölfter die Ziellinie. Trotz dieser eher mäßigen Rennresultate war Frank Stippler von Fjordbachs Leistung auf Anhieb überzeugt. „2015 war generell ein schwieriges Jahr für Phoenix“, betont er. „Anders hat jedoch aus dem Stegreif eine gute Performance gezeigt. So viele Kilometer auf der Nordschleife hatte er ja noch nicht auf dem Buckel, dafür hat er aber schon auf einem sehr hohen Level überzeugt. Zudem ist er ein richtig netter Typ.“

Sehr früh ergab es sich, dass Stippler und Fjordbach 2016 zusammen in der VLN an den Start gehen würden. Das neue Duo scheint ein Glücksgriff für das Phoenix-Team zu sein. In den beiden ersten VLN-Rennen feierten Stippler und Fjordbach zwei Gesamtsiege. „Das war schon ein positiver Schock, zumal sich meine Erfolge auf der Nordschleife davor absolut in Grenzen hielten“, bekennt Anders Fjordbach. Der 25-Jährige blieb auch, mit dem Sieg vor Augen, gelassen und behielt sich und das Auto unter Kontrolle. „Klar war ich nervös, als ich realisiert habe, dass ich hier gewinnen kann. Sehr sogar. Jedoch nur in der Box. Wenn ich im Auto sitze, kann ich das alles ausblenden.“

Obwohl das Duo beim dritten VLN-Lauf nicht am Start ist, muss es 2016 nicht bei zwei Siegen bleiben. Fjordbach und Stippler wollen in dieser Saison insgesamt sieben Rennen in der VLN bestreiten – und könnten, nach jetzigem Stand in der Tabelle, sogar ein Wörtchen um den Titel mitreden. „Nee“, winkt Fjordbach ab, „da müssten wir ja alle Rennen, die wir fahren, gewinnen“, und selbst dann könne es nicht reichen. „Wir fokussieren uns lieber auf die einzelnen Rennen“, wiegelt der junge Däne ab und freut sich einfach darüber, dass er seinen Traum leben darf. „Ich liebe diese Strecke und das ganze Drumherum in der VLN. Alles ist absolut speziell und einmalig. Es ist eine große Ehre, hier an den Start gehen zu können.“
Dänen lügen nicht.