Martini-Kolumne: Früher war nicht alles besser

Die VLN debütierte 1977 – sie startet also in ihre 40. Saison. Keine Meisterschaft im Automobilrennsport, mit Ausnahme der Formel 1 und der NASCAR, besteht schon so lange.
Klar ist natürlich, dass die letztjährige Saison sicherlich nicht zu den besten in der Historie der VLN zählt: der tragische Unfall im ersten Lauf, das Hickhack um die Startberechtigung der schnellsten Autos, die Slow Zones, der Rückgang der Starterzahlen – 2015 gab es viel Zündstoff und Diskussionen, Querelen und Unmut.

Die Voraussetzungen dafür, dass die Saison 2016 wieder besser wird, sind geschaffen, die Vorzeichen jedenfalls positiv: Die beschlossenen Änderungen im technischen und sportlichen Reglement wecken Optimismus, die Nennliste macht Lust auf eine packende Saison – sicherlich nicht nur bei mir.

Nur allzu oft musste ich in den vergangenen Monaten aber auf den Social-Media-Plattformen die Phrase lesen: „Früher war alles besser.“ Aus Sicht des einen oder anderen Teams kann ich das sogar nachvollziehen, fällt es doch immer schwerer, ein Budget für eine komplette Saison in der VLN zusammenzubekommen.

Die Tatsache, dass die VLN enorm an Popularität hinzugewonnen hat und längst keine „Kirmesveranstaltung“ ist (wie es der Herr Aufrecht mal formulierte), lockt die Werke mit ver-
stärktem Aufwand in die Eifel. Zeitgleich sind aber die Top-Teams früherer Jahre, wie Manthey, Zakspeed, Land oder Alzen, immer noch dabei, wenn es um den Tagessieg geht. Selbst
Privatteams wie Twin Busch, Walkenhorst oder Alzen landeten 2015 Gesamtsiege. Und die VLN-Meister der letzten drei Jahre, die Groneck-Brüder und das Derscheid-Team, bringen den Beweis, dass man mit relativ kleinem Budget und als reines Privatteam sehr wohl erfolgreich in der VLN an den Start gehen kann.

„Früher war alles besser“ gilt also nicht. Auf der Strecke nicht, und erst recht nicht für die Fans. Sicherlich war es etwas Besonderes, einen Olaf Manthey im Ford Escort RS 2000 oder Wolfgang Offermann im Opel Ascona 400 im Drift zu erleben; die weniger ausgereiften Fahrwerke von damals sorgten halt für eine deutlich spektakulärere Fahrweise. Seinerzeit war es für die Fans aber auch so, dass sie bis dienstags warten mussten, um in „MOTORSPORT aktuell“ nachzulesen, wer das Rennen gewonnen hatte.

Heute werden ihnen sehr viel mehr Informationen sehr viel schneller geliefert. Livestream, Liveticker und Ergebnislisten übers Internet, DVB-T-Übertragung und das klassische Ring-
radio auf 87,7 kHz halten sie an, aber auch fernab der Rennstrecke in Echtzeit auf dem Laufenden.

Und das offene Fahrerlager mit Fan-nahen Fahrern gibt es unverändert. Ich habe noch keinen Fahrer erlebt, egal ob Vollprofi oder Hobbyfahrer, der einem Fan nicht für eine Frage, ein Autogramm oder ein Selfie zur Verfügung stand. Zuschauernähe wird in der VLN eben ganz groß geschrieben, weshalb ich jedem Fan den Tipp gebe, sich in der Pause zwischen Training und Rennen das Geschehen in der Boxengasse aus der Nähe anzusehen.

Freuen wir uns also gemeinsam auf eine vielversprechende Saison 2016 auf der schönsten Rennstrecke der Welt.

Oliver Martini, Sohn von Rennsportlegende Willi Martini, ist Streckensprecher bei der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring und ein echtes Eifeler-Urgestein.