Wo ein Wille ist, ist auch ein Rennen – Veedol Langstreckenpokal eröffnet mit der Westfalenfahrt die Saison

NÜRBURGRING. Unter „nicht ganz normalen Bedingungen“ wird am Samstag, 1. April, die Rennsaison 2000 auf dem Nürburgring mit dem ersten von insgesamt zehn Läufen zum Veedol Langstreckenpokal Nürburgring eröffnet. Die 49 ADAC-Westfalen, veranstaltet vom ADAC Westfalen mit Sitz in Dortmund, verlangte von den Organisatoren schon bei der Vorbereitung schnelle und klare Entscheidungen. Am Nürburgring wird eine gigantische neue Boxenanlage gebaut und das Fahrerlager wird durch große Erdaufschüttungen erweitert. Für die ADAC-Westfalenfahrt heißt das: Die Boxenstraße ist nicht befahrbar, die Tankstellen sind noch nicht installiert, die Boxen können noch nicht belegt werden. Also kein Rennen? Doch! entschied die VLN-Organisation am Abend des 18. März nach den Einstellfahrten von mehr als 200 Fahrzeugen.

Nordschleife pur als Rennstrecke nutzen und die Start- und Zielgerade der Grand-Prix-Strecke zu Fahrerlager und Boxenstraße umfunktionieren, das ist die Lösung. Die 20,83 Kilometer lange „Grüne Hölle“, wird bei der Westfalenfahrt nicht mit der Kurzanbindung der Grand-Prix-Strecke zur normalen VLN-Runde kombiniert. Fahrerlager und Boxengasse ist der Gesamtbereich der Start- und Zielgeraden des Grand-Prix-Kurses, in Fahrtrichtung links von der Boxenmauer. Es gibt drei Tankmöglichkeiten mit mehreren Zapfanschlüssen.

Um die zu erwartenden „Schlangen“ an den Benzin-Zapfstellen und die damit verbundenen möglichen Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und zugleich auch die Teams nicht zu benachteiligen, die drei Fahrer einsetzen und dadurch auf jeden Fall zwei Mal an die Box müssen, entschied man sich für zwei Zwangsstopps. Jedes Fahrzeug muss zwei Mal an die provisorischen Boxen, wobei zwischen Boxeneinfahrt und Boxenausfahrt, also der Rückkehr ins Rennen, mindestens 15 Minuten liegen müssen. Wer diese Zeit „verkürzt“, wird mit Zeitzuschlag im Rennen belegt.

Einem spannenden Auftakt zum Veedol Langstreckenpokal 2000 steht also gemäß dem Motto „Wo ein Wille ist, ist auch ein Rennen (möglich)“ nichts mehr im Wege.

Die traditionsreichste Langstrecken-Rennserie Europas geht in ihre 24. Saison und hat nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. 142 Nennung sind in der Sportabteilung des ADAC Westfalen eingegangen, für die Saisoneröffnung ein hervorragendes Ergebnis. Eine ganze Reihe neuer Fahrer und Teams ist dabei, aber es fehlen auch nicht die Namen der Fahrer, die bereits VLN-Geschichte geschrieben haben.

Einer von ihnen ist Edgar Dören, echtes „VLN-Urgestein“ aus Wuppertal. Dören wartet mit einer faustdicken Überraschung auf. Schien der kleine Kämpfer aus dem Bergischen bisher mit der Marke Porsche verheiratet, hat er sich für die Millenniums-Saison ein neues „Schätzchen“ angelacht: eine Chevrolet Corvette mit 5,7 Litern Hubraum, acht Zylindern und 420 PS Leistung. Der im vergangenen Jahr bei allen zehn VLN-Rennen siegreichen Oreca Chrysler Viper (zehn Zylinder, acht Liter Hubraum, 500 PS) werden Dören und sein Partner Karl-Christian Lück (Wiehl) kaum das Leben schwer machen können, aber sie fahren in einer stark besetzten „Porsche-Klasse“ und haben so die Chance, im Erfolgsfalle hohe Punktzahlen zu kassieren. Das VLN-Reglement berücksichtigt nämlich nicht nur die Platzierung, sondern bewertet auch die Anzahl der Konkurrenten in der jeweiligen Klassen. Je mehr Mitbewerber, desto stärker schwillt das Punktekonto an.

Ein Mann der ersten VLN-Stunde und zugleich mit fünf Titelgewinnen erfolgreichster Fahrer in der langen VLN-Geschichte ist Johannes Scheid aus dem Nürburgring-Ort Kottenborn. Scheids BMW M3 E36 GTRS hat über 400 PS, ist von „Meister Hannes“ selbst auf exzellentes Fahrverhalten und Zuverlässigkeit getrimmt und gehört zu den Wagen, die man ganz weit vorn sehen wird. Sabine Reck, langjährige Fahrer-Partnerin Scheids, ist nicht mehr dabei. Scheid: „Das ist an der finanziellen Frage gescheitert. Sabine hat keinen Vertrag mehr als BMW-Werksfahrerin. Es ist sehr schade, wir hatten ein paar sehr erfolgreiche Jahre.“ Für die Westfalenfahrt hat Scheid keinen zweiten Fahrer genannt.

Die Super-Viper von 1999 ist auch 2000 am Start. Wieder mit den letztjährigen Titelgewinnern Hans-Jürgen Tiemann (Soltau) und Peter Zakowski (Niederzissen). Bei der ADAC-Westfalenfahrt wollen sie mit einem weiteren Renn-Gesamtsieg beweisen, dass die Viper nichts von ihrem Biss verloren hat. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Zu den Viper-Jägern gehören Ulrich Galladé (Dortmund) und Olaf Manthey (Rheinbreitbach). Ihr von Manthey-Racing vorbereiteter und eingesetzter Porsche 996 GT 2 dürfte im Saisonverlauf häufiger auf einem Top-Fünf-Platz im Gesamtrennergebnis auftauchen.

Noch manche Rechnung mit der Chrysler Viper haben auch der Westerwälder Jürgen Alzen und Uli Richter (Essen) offen. Sie sind nach Abstinenz bei den letzten Rennen 1999 jetzt wieder dabei, und ihr Porsche GT3R wird über den Winter nichts an Leistungsfähigkeit verloren haben. Die Klasseneinteilung, sie fahren nicht mehr direkt gegen die „gelbe Schlange“, erhöht die Aussichten auf einen Platz an der Sonne am Ende der VLN-Serie 2000.

Die Chancen, am Ende der Saison den 1999 gewonnen VLN-Meistertitel erfolgreich verteidigt zu haben, sind für Tiemann/Zakowski erheblich geschrumpft. Eine neue Klasseneinteilung hat viele direkte Chrysler-Viper-Konkurrenten in anderen Kategorien angesiedelt. Zusatzpunkte auf Grund von Masse in der Klasse sind für die Viper-Fahrer damit weitgehend passé.

Dies wiederum bringt die Vizemeister von 1999, Klaus-Peter Thaler (Gevelsberg) und Heinz Remmen (Finnentrop) in eine Favoritenrolle. Sie starten mit einem Opel Astra aus der Eifeler Rennwagenschmiede Kissling in einer enorm stark besetzten Klasse (für die ADAC-Westfalenfahrt 17 Nennungen) und würden bei jedem Klassensieg entsprechend viele Zusatzpunkte kassieren. Aber für den ehemaligen Rad-Querfeldeinweltmeister Thaler und seinen Partner gilt natürlich auch: je größer die Konkurrenz, desto schwerer der Weg zum Erfolg.

Der Veedol Langstreckenpokal steht vor einer spannenden Saison, die mit einem „nicht ganz normalen Rennen“ am Samstag, 1. April, eröffnet wird. Zeittraining ist von 8.30 Uhr bis 10 Uhr, Start zum Rennen über die Zeitdistanz von 3:30 Stunden ist um 12 Uhr.